Long Covid: Verknüpfung von Immunstörung und hohem Antikörperspiegel entdeckt
13. Januar 2024Eine Studie in "Nature Immunology" offenbart, dass Long Covid durch T-Zell-Dysregulation, systemische Entzündungen und eine unkoordinierte Immunantwort gekennzeichnet ist. Mittels fortgeschrittener Techniken wie CyTOF-Serologie und RNA-Sequenzierung wurden bei Betroffenen erhöhte T-Zell-Aktivität und Antikörperspiegel festgestellt, sowie genetische Unterschiede, die auf Immunstörungen hinweisen. Diese Ergebnisse liefern wichtige Einblicke für zukünftige Forschungen und Behandlungsansätze bei Long Covid.
Immundysregulation und Entzündungsprozesse
Eine aktuelle Studie, veröffentlicht in nature immunology, bietet neue Einblicke in die Komplexität von Long Covid (LC), einem Zustand, der nach mindestens 10% der schweren SARS-CoV-2 Infektionen auftritt. Die Forschung konzentrierte sich auf die tiefgreifende Charakterisierung der globalen und SARS-CoV-2-spezifischen Immunität bei Menschen mit klar definierten LC- und Nicht-LC-Krankheitsverläufen 8 Monate nach der Infektion. Es wurde festgestellt, dass Betroffene von LC systemische Entzündungen und Immundysregulationen aufweisen, was durch globale Unterschiede in der T-Zell-Verteilung und geschlechtsspezifische Störungen in zytolytischen Subsets zum Ausdruck kommt.
Zytolytische Subsets sind spezialisierte Gruppen von Immunzellen, vor allem T-Zellen, die die Fähigkeit besitzen, infizierte oder beschädigte Zellen durch die Freisetzung zytotoxischer Substanzen zu zerstören. Diese Substanzen führen zum Tod der Zielzellen, was eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielt.
Methodik der Studie
Die Forschung nutzte Techniken wie CyTOF-Serologie, RNA-Sequenzierung und Plasma-Proteomik, um ein tiefgreifendes Phänotyping von T-Zellen bei LC- und vollständig genesenen Personen zu erreichen. Die Teilnehmenden wurden aus dem gut charakterisierten LIINC-Kohortenprogramm rekrutiert. Die Studie schloss 27 Personen mit LC und 16 genesene Personen ein.
CyTOF-Serologie ist eine fortgeschrittene Technik, die Massenspektrometrie-basierte Zytometrie (CyTOF) mit serologischen Analysen kombiniert. Massenspektrometrie-basierte Zytometrie verwendet Schwermetalle zur Markierung von Antikörpern, die an spezifische Proteine auf Zellen binden. Diese Methode misst die Masse und die Häufigkeit der markierten Zellen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Fluoreszenz-basierten Methoden ermöglicht CyTOF die Analyse einer größeren Anzahl von Markern pro Zelle, was zu einer detaillierteren Charakterisierung von Immunzellen führt. In der Serologie wird diese Technik genutzt, um komplexe Immunantworten, wie bei Long Covid, zu untersuchen.
Plasma-Proteomik ist eine analytische Technik zur umfassenden Analyse der Proteine im Blutplasma. Sie ermöglicht es, Muster von Proteinen und deren Veränderungen zu identifizieren, was für die Diagnose von Krankheiten und das Verständnis biologischer Prozesse entscheidend ist.
Besondere Erkenntnisse über T-Zellen und Antikörper
Ein wichtiger Befund der Studie war, dass eine bestimmte Art von Immunzellen, die sogenannten CD8+ T-Zellen, die speziell auf das Coronavirus (SARS-CoV-2) reagieren, sich bei Personen mit Long Covid (LC) anders verhalten als bei denen, die sich von Covid-19 erholt haben. Diese CD8+ T-Zellen bei Long-Covid-Betroffenen zeigten höhere Levels von bestimmten Markern (PD1 und CTLA4), die auf eine Erschöpfung der Zellen hinweisen, während ein anderer Marker (TIGIT) nicht erhöht war. Dies deutet darauf hin, dass diese Immunzellen bei Long-Covid-Betroffenen möglicherweise überarbeitet oder erschöpft sind. Zusätzlich ergab die serologische Analyse, also die Untersuchung des Blutserums, dass Personen mit Long Covid deutlich höhere Mengen an Gesamtantikörpern (um das 2,3-fache) im Vergleich zu den genesenen Personen hatten. Das bedeutet, dass ihr Immunsystem mehr Antikörper gegen das Virus produziert hat.
Genetische Aspekte und Zellanalyse
Durch eine umfassende RNA-Analyse fand man heraus, dass zwei Gene, OR7D2 und ALAS2, bei Personen mit Long Covid auffällig aktiv waren. Diese Gene sind an der Geruchsrezeption bzw. der Hämsynthese beteiligt. Eine tiefergehende Analyse mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung offenbarte Unterschiede in der Zellexpression, die auf die Beteiligung der Hämbiosynthese und Immunstörungen bei LC hinweisen könnten. Außerdem entdeckte man noch drei Gene (THEMIS, NUDT2 und PPIE), die in speziellen Gruppen von Zellen aktiv waren. Ihre Aktivität deutet auf Prozesse wie Genregulation, RNA-Verarbeitung, Proteinkontrolle und die Aktivität von bestimmten Immunzellen (Neutrophilen) hin.
Hämsynthese ist ein biologischer Prozess, bei dem der Körper Häm produziert, eine Schlüsselkomponente von Hämoglobin in roten Blutkörperchen. Dieser Prozess wandelt Eisen und andere Moleküle in Häm um, das für den Sauerstofftransport im Blut essentiell ist.
Hämbiosynthese ist der Prozess im Körper, bei dem Häm, ein wichtiger Bestandteil von Hämoglobin und anderen Proteinen, produziert wird. Diese Synthese erfolgt in mehreren Schritten und ist entscheidend für den Sauerstofftransport und die Zellatmung.
Implikationen und zukünftige Forschung
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Long Covid eine komplizierte Störung des Immunsystems besteht, die sowohl die Immunzellen als auch die Antikörperproduktion betrifft. Die Studie liefert wichtige Einblicke in die Mechanismen, die LC zugrunde liegen, und könnte zur Entwicklung gezielter Behandlungsansätze beitragen. Die Erkenntnisse bieten eine Grundlage für weitere Forschungen, um die genauen Wege und Mechanismen, die zu diesen Immunveränderungen führen, zu verstehen und effektivere Therapien für Menschen mit LC zu entwickeln.